72 Jahre nach der Veröffentlichung der FBI-Fahndungsliste stehen lediglich elf Frauen darauf – von politischen Aktivistinnen wie Angela Davis bis hin zur berüchtigten Ruja Ignatova.

FBI-Liste der meistgesuchten Personen. OneCoin-Gründerin Ruja Ignatova ist die einzige Frau auf der Liste. Ruja Ignatova, OneCoin-Gründerin

Letztere, bekannt als die „Crypto Queen“, soll zwischen 2014 und 2016 über ihr Unternehmen OneCoin, ein Schneeballsystem, vermögende Anleger um 4 Milliarden Dollar betrogen haben.

Im Jahr 2017 verschwand Ignatova und 2019 klagten die US-Behörden sie trotz ihrer Abwesenheit wegen Überweisungsbetrugs, Wertpapierbetrugs und Geldwäsche an.

Vor Kurzem hat das FBI den Einsatz bei der Suche nach Ignatova erhöht und eine Belohnung von 100.000 Dollar für alle Informationen ausgesetzt, die zu ihrer Ergreifung führen. Gleichzeitig wird spekuliert, dass die Flüchtige ihr Aussehen durch Schönheitsoperationen oder auf andere Weise verändert haben könnte.

Doch in einer schockierenden Wendung der Ereignisse wurde bekannt, dass Ignatova versucht hatte, ihr 11 Millionen Pfund teures Londoner Penthouse zu verkaufen – wodurch möglicherweise ihr Aufenthaltsort enthüllt wurde.

Nun bleiben die Fragen offen: Was war OneCoin, wer ist Ignatova und welche Kontroversen gibt es darum?

OneCoin-Betrug: eine kurze Geschichte

Die Saga von OneCoin begann 2014, als Ruja Ignatova es gründete.

OneCoin wurde als die weltweit erste Blockchain-basierte, 100 % Open-Source-Kryptowährung angepriesen. Sie versprach, das nächste Bitcoin (BTC) zu werden – eine echte Volkswährung – mit dem Potenzial, ein globales, bargeldloses System zu werden. Doch dann passierte auf dem Weg zu diesem Ziel etwas.

Es stellte sich heraus, dass OneCoin überhaupt keine Kryptowährung war. Es war ein Pyramidensystem, bei dem die Mitglieder dazu ermutigt wurden, Münzen zu kaufen und weitere Leute anzuwerben, die dasselbe taten.

Die Leute an der Spitze der Pyramide wurden wie Banditen behandelt, während alle anderen die Zeche zahlen mussten. Der Markt von OneCoin war nicht liquide. Man konnte seine Währung weder kaufen noch verkaufen oder gar transferieren. Die einzige Möglichkeit, sie auszuzahlen, bestand darin, sie in eine andere Währung umzutauschen oder Ignatova zu fragen.

Das erste Warnsignal kam, als eine Prüfung der Blockchain-Technologie der Währung durch Dritte angekündigt und abrupt abgesagt wurde. Dies löste landesweite Untersuchungen aus und machte immer deutlicher, dass es sich bei dem Projekt tatsächlich um einen Betrug handelte.

OneCoin wurde 2017 nach jahrelangen Kontroversen und Betrugsvorwürfen endgültig geschlossen. Der Vermögenswert, der den Anlegern massive Renditen von bis zu 18.000 % versprach, wurde dem berüchtigten Slogan „Wenn es zu gut ist, um wahr zu sein, ist es das wahrscheinlich auch“ definitiv gerecht.

Die seltsame Geschichte von Ruja Ignatova

Es heißt, Geld regiert die Welt, doch wenn es um Ruja Ignatova geht, ist die Welt völlig aus dem Ruder gelaufen.

Die in Bulgarien geborene Geschäftsfrau und Unternehmerin, die den Beinamen „Krypto-Queen“ trägt, erlebte einen kometenhaften Aufstieg an der Spitze des internationalen Kryptowährungsunternehmens OneCoin – und einen ebenso dramatischen Absturz, als sich herausstellte, dass es sich dabei um ein mehrere Milliarden Dollar schweres Schneeballsystem handelte.

Ruja Ignatova hat eine Reihe beeindruckender Abschlüsse und bezeichnet sich selbst als Universalgelehrte. Viele waren von ihrem Charisma und ihrer klaren Vision einer Zukunft, in der Kryptowährungen die Funktionsweise des Geldes revolutionieren würden, hingerissen.

Doch Ruja Ignatova erwies sich als Meisterbetrügerin. Ihr Unternehmen OneCoin war ein klassisches Ponzi-System, bei dem die Gewinne früherer Investoren mit dem Geld späterer Investoren ausgezahlt wurden.

Dabei steckte Ignatova Hunderte Millionen Dollar aus dem Geld der Investoren ein. Als der Betrug aufflog, verschwand sie und hinterließ den Investoren enorme Verluste.

Einige Ermittler glauben, dass Ignatova das Geld über Offshore-Konten gewaschen haben könnte, während andere glauben, sie sei auf eine abgelegene Insel in der Karibik geflohen – aber niemand weiß es genau. Sie reiste am 25. Oktober 2017 von Sofia, Bulgarien, nach Athen, Griechenland, und wurde seitdem nicht mehr gesehen.

Im März 2019 erhob das US-Justizministerium Anklage gegen sie wegen Wertpapierbetrugs und Geldwäsche, sie ist jedoch noch immer auf freiem Fuß.

Ob Ruja Ignatova auf der Flucht ist oder einfach nur ihre unrechtmäßig erworbenen Gewinne genießt, eines ist sicher. Ihre Geschichte ist eine warnende Geschichte über die Risiken von Investitionen in unregulierte Kryptowährungen und eine Erinnerung daran, dass jedes Unternehmen, das vorgibt, eine todsichere Investition zu sein, genau unter die Lupe genommen werden muss.

Ruja Ignatovas Profil bei der OneCoin-Untersuchung des FBI

Jamie Bartlett und sein Ermittlungsteam bei der britischen BBC verfolgen OneCoin seit diesem Massaker im Jahr 2019 aufmerksam.

Um ihre Bemühungen, die berüchtigte Anführerin der Kryptosysteme, Ignatova, aufzuspüren, zu dokumentieren, veröffentlichten sie eine fesselnde Podcast-Serie mit dem Titel „The Missing Crypto Queen“, die neun Episoden mit aufschlussreichen, wenn auch nicht schlüssigen Informationen enthält.

Bartlett und sein Team fanden überzeugende Beweise dafür, dass OneCoin mehr als nur ein weiteres Pyramidensystem war. Sie entdeckten, dass Ignatova mit einflussreichen und potenziell gefährlichen Akteuren der osteuropäischen organisierten Kriminalität in Verbindung stand. Diese bahnbrechende Arbeit veranlasste das FBI, Ignatova Ende Juni 2022 endlich auf die Liste der meistgesuchten Personen zu setzen.

Ende September 2022 nahm das BBC-Team die Suche wieder auf und lieferte eine unerwartete Beweisquelle: Dokumente, die darauf hinwiesen, dass Ignatova gemeinsam mit einem Mitglied des Königshauses der Vereinigten Arabischen Emirate an einer Kryptowährungswäscheoperation beteiligt war, um beschlagnahmtes Geld freizugeben und eine 20 Millionen Dollar teure Villa in den VAE zu kaufen.

Noch überraschender war jedoch, dass das Ermittlungsteam Beweise dafür fand, dass bestimmte Persönlichkeiten in der bulgarischen Regierung OneCoin dabei unterstützten, dem Gesetz immer einen Schritt voraus zu sein.

Die Fähigkeit von Finanzkriminellen, einflussreiche Personen – insbesondere Gangster und korrupte Regierungsbeamte – anzulocken, ist eine beängstigende Konsequenz der sich immer weiter ausdehnenden digitalen Finanzwelt.

Im Dezember 2022 erhielt Frank Schneider, der Krisenmanager von OneCoin, einen Auslieferungsbescheid des US-Justizministeriums. Sollte er der mutmaßlichen Anklagepunkte des Überweisungsbetrugs und der Geldwäsche für schuldig befunden werden, drohen ihm bis zu 40 Jahre Haft in einem amerikanischen Gefängnis.

Um das Ganze noch schlimmer zu machen, beschloss Karl Sebastian Greenwood, Mitbegründer von OneCoin und Partner der Gründerin Ruja Ignatova, das Handtuch zu werfen und bekannte sich am 16. Dezember 2022 vor dem Bundesgericht in Manhattan schuldig.

Dies kam nicht überraschend, da die Bundesanwälte Druck auf Greenwood ausgeübt hatten, bei ihren umfangreichen Ermittlungen zum 4 Milliarden Dollar schweren Kryptowährungs-Schneeballsystem mitzuwirken.

Es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen sich für Schneider, Greenwood und den Rest des Teams hinter dem Betrug ergeben.

Ignatova: auf freiem Fuß und außer Sicht

Ein luxuriöses Londoner Penthouse, das angeblich Ignatova gehört, steht nun zum Verkauf. Der Preis liegt bei rund 11 Millionen Pfund (13,6 Millionen Dollar).

Das Anwesen in der Hauptstadt diente Ignatova im Jahr 2016 vermutlich als gelegentlicher Zufluchtsort und wurde vermutlich von Personen besucht, die mit dem Kryptowährungsgeschäft OneCoin in Verbindung stehen.

Eigentümerin des Penthouses ist die Abbots House Penthouse Limited, eine anonyme Briefkastenfirma mit Sitz in der geheimnisvollen Steueroase Guernsey. Das bedeutet, dass Ignatovas Name weder in offiziellen Grundbuchunterlagen noch in öffentlichen Aufzeichnungen erscheint.

Die Immobilie wird von Knight Frank, einem britischen Immobilienberatungsunternehmen, zum Verkauf angeboten. Im Gespräch mit inews bezeichnete Ermittler Jamie Bartlett von der BBC die Listung des Londoner Penthouses als „eine der interessantesten Entwicklungen“ in der OneCoin-Geschichte.

Er vermutete, dass Ignatova noch am Leben sei und dass in Dokumenten im Zusammenhang mit der Immobilie möglicherweise wichtige Hinweise auf ihren derzeitigen Aufenthaltsort versteckt seien. Bartlett fügte hinzu, dass der Verkauf der Immobilie den Behörden möglicherweise eine Gelegenheit biete, das Vermögen einzufrieren und den Opfern zu helfen, das durch den Betrug verlorene Geld zurückzubekommen.

So erkennen Sie ein Ponzi-Schema

Krypto-Schneeballsysteme sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden und wer nicht aufpasst, kann leicht Opfer dieser Systeme werden.

Hier sind einige Tipps, die Ihnen dabei helfen können, sich davor zu schützen, Opfer eines Krypto-Schneeballsystems zu werden:

1. Recherchieren Sie: Bevor Sie in ein Krypto-Unternehmen investieren, sollten Sie sorgfältig vorgehen. Recherchieren Sie das Projekt, lesen Sie Rezensionen und stellen Sie sicher, dass Sie das Projekt verstehen. Verlassen Sie sich nicht nur auf das, was Sie von den Projektförderern hören.

2. Vorsicht vor unrealistischen Versprechungen: Wenn ein Krypto-Projekt extrem hohe Renditen (in kurzer Zeit) bei minimalem Risiko verspricht, ist das wahrscheinlich zu schön, um wahr zu sein. Seien Sie sehr vorsichtig bei Renditeversprechen, die zu schön erscheinen, um wahr zu sein.

3. Vermeiden Sie aggressive Taktiken: Wenn ein Projekt versucht, Sie zu einer Investition zu drängen, ist das ein großes Warnzeichen. Niemand sollte Sie zwingen, in irgendetwas zu investieren. Wenn sich etwas komisch anfühlt, vertrauen Sie Ihrer Intuition und treten Sie einen Schritt zurück.

4. Achten Sie auf Transparenz: Ein seriöses Projekt ist transparent, was seine Finanzen angeht, hat ein aktives Entwicklungsteam und einen gut durchdachten Plan für die Zukunft. Wenn ein Projekt in einem dieser Bereiche Mängel aufweist, ist das wahrscheinlich ein Zeichen dafür, dass es sich um ein Betrugsprojekt handelt.

5. Fallen Sie nicht auf FOMO herein: Die Angst, etwas zu verpassen (FOMO) kann ein starkes Gefühl sein, aber lassen Sie nicht zu, dass sie Ihr Urteilsvermögen trübt, wenn es um Investitionen geht. Treffen Sie keine überstürzte Entscheidung, bevor Sie Ihre Recherchen durchgeführt haben, und investieren Sie nie mehr, als Sie sich leisten können zu verlieren.

Wenn Sie diese Tipps befolgen, können Sie sich möglicherweise vor Krypto-Schneeballsystemen schützen, bessere Anlageentscheidungen treffen und Ihr hart verdientes Geld sicher aufbewahren.