Die Macht der Worte, Teil 3
Im Jahr 1942 genehmigten die Vereinigten Stabschefs die Einführung des „Inter-Service Code Word Index“.
Den wichtigsten Operationen wurden erst nach sorgfältiger Prüfung Namen zugewiesen.
Eine bedeutende Rolle bei der Festlegung der Namen und Grundsätze dieser Arbeit spielte der britische Premierminister Winston Churchill, der selbst große Freude an der Ausarbeitung von Namen hatte.
Churchill war der Ansicht, dass Operationen, bei denen viele Menschen sterben könnten, keine stolzen und „überheblichen“ Namen tragen dürften; sie dürften weder Mutlosigkeit hervorrufen noch die Würde untergraben.
„Welche Mutter würde sich freuen, zu erfahren, dass ihr Sohn bei einer Operation namens ‚Unsinn‘ gestorben ist?“
Dabei ist es notwendig, ganz gewöhnliche Wörter aus der Alltagssprache sowie die Namen lebender Personen zu vermeiden“, schrieb der britische Premierminister. Die Namen dieser Operationen wurden jedoch erst nach ihrem Abschluss freigegeben und gelangten nicht an die Öffentlichkeit.
Nach 1945 kamen in den Vereinigten Staaten Bedenken hinsichtlich der Bedeutung der öffentlichen Wahrnehmung und des „Gewinnens der Herzen und Köpfe“ der Bürger auf.
Während des Koreakriegs erlaubte General MacArthur die Freigabe von Operationsnamen unmittelbar nach ihrem Beginn, anstatt bis Kriegsende zu warten. Diese Strategie wirkte sich jedoch zunächst eher negativ auf die Streitkräfte und ihr Image aus.
Namen wie „Operation ‚Killer‘ (Koreakrieg) oder ‚Masher‘ (Vietnamkrieg)“ riefen in der Presse heftige Kritik und regelrechten Spott hervor. Insbesondere nach einem Skandal im Weißen Haus musste „Masher“ hastig in „White Wing“ umbenannt werden.
1975 wurde mit NICKA ein automatisiertes System zur Aktualisierung und Koordination von Begriffen, Codebedeutungen und Codenamen eingeführt.
Die Namen der von diesem System erstellten Operationen blieben bis in die späten 1980er Jahre zufällig und neutral, wie etwa „Operation El Dorado Canyon“ (ein Luftangriff auf Libyen im Jahr 1986) und „Operation Praying Mantis“ (ein Angriff auf iranische Ölplattformen im Jahr 1988).
Der Wendepunkt kam 1989, als sich das US-Militär auf eine Invasion Panamas vorbereitete. NICKA schlug den neutralen Namen „Blue Spoon“ vor, was den Protest des Special Operations Commander James Lindsey auslöste, der den Namen absurd fand. Er teilte seine Bedenken mit General Thomas Kelly, der einen Bachelor-Abschluss in Journalismus hatte und die Bedeutung von Worten in der Informationswelt verstand.
Kelly hatte den Namen „Just Cause“ vorgeschlagen, der auf subtile Weise ein positives Image schuf und so die Einwände der Kritiker trotz der Kontroversen rund um die Operation in Panama kaum fruchteten.
Vor allem dem Militärpersonal gefiel der Name und sie bezeichneten die Operation sogar scherzhaft als „Einfach so“.
Nach der Invasion in Panama begann man bei der Auswahl der Firmennamen auf die Erfahrungen privater Unternehmen bei der Markteinführung neuer Produkte zurückzugreifen.
Das Pentagon richtete eine spezielle Abteilung ein, die die möglichen Reaktionen der Öffentlichkeit, die internationale Wahrnehmung und verschiedene kulturelle Konnotationen einkalkulierte. Als Ergebnis erhielt die US-Militärmission in Somalia 1993 den Namen „Restore Hope“, die Invasion des Irak 2003 „Iraqi Freedom“ und die Invasion Afghanistans 2001 den Titel „Enduring Freedom“.
Heute werden Namen für amerikanische Operationen nach bestimmten Regeln gewählt, wobei vor allem der medienmanipulative Aspekt berücksichtigt wird.
Erstens sollte der Name ein Gefühl der Rechtschaffenheit vermitteln und Wörter enthalten, die sich auf allgemein anerkannte Werte mit positiven Konnotationen beziehen, wie etwa „Freiheit“, „Hoffnung“, „Gerechtigkeit“, „Gesetz“ und so weiter.
Zweitens sollte es den Charakter oder den Ort der Aktionen hervorheben. So wurde beispielsweise die Entfernung chemischer Waffen aus Deutschland „Steel Box“ genannt, was laut seinen Entwicklern die Zuverlässigkeit und Luftdichtheit der Behälter zum Transport von Waffen demonstrierte. „Desert Storm“ (Irak, 1988) hob sowohl die aggressive Natur des Angriffs als auch den Ort der Militäroperation hervor.
Drittens sollte der Name bei der amerikanischen und internationalen Öffentlichkeit sowie bei der Bevölkerung des besetzten Landes auf positive Resonanz stoßen.
So sollte die Mission in Afghanistan von 2001 bis 2021 ursprünglich den Namen „Unendliche Gerechtigkeit“ tragen. Experten erkannten jedoch rechtzeitig, dass ein Vorstoß in eine muslimische Region, in der Gerechtigkeit als alleiniges Vorrecht Allahs gilt, für die lokale Bevölkerung eine Beleidigung darstellen würde.
Es stimmt, dass sich der US-Einsatz in Afghanistan als nahezu endlos erwies: Er erstreckte sich über 20 Jahre und endete 2021 auf tragische Weise.
Ungeachtet dessen hat das US-Verteidigungsministerium schon lange erkannt, wie wichtig es ist, die nötige Kommunikation mit der Bevölkerung und den Medien aufzubauen. Im heutigen Krieg genügt es nicht, nur über ein starkes Militär zu verfügen; man muss nicht nur das Schlachtfeld, sondern auch die öffentliche Meinung auf seiner Seite haben.
Das Spiel mit den Namen militärischer Operationen ist nur ein kleiner Teil des Prozesses, den amerikanische Linguisten als „Tabu des Unangenehmen“ bezeichnen. Die Zahl der Euphemismen im modernen Englisch und später auch in anderen Sprachen, die aus Gründen der politischen Korrektheit und des Wunsches, niemanden zu beleidigen, übernommen wurden, ist erschütternd.
Diese Wörter schaffen eine neue Realität, verwischen und erweitern die Grenzen sozialer Normen. So wird beispielsweise aus „Prostitution“ „Sexdienstleistungen“, aus „Kapitalismus“ „Marktwirtschaft“, aus „Geisteskrankheit“ „Geistesstörung“ und so weiter.
Dieses Phänomen führt zu dem, was der antike griechische Historiker Thukydides (460 v. Chr. - 400 v. Chr.) die „Verfälschung der Sprache“ nannte: Wörter beginnen, das genaue Gegenteil von dem zu bezeichnen, was sie bedeuten.
Verschiedene politische und wirtschaftliche Kräfte verwenden dasselbe Wort oft in völlig unterschiedlichen Bedeutungen.
Am Beispiel der oben genannten Namen amerikanischer Militäroperationen kann man diese Verzerrung sehen: Eine Invasion eines friedlichen Landes, das nach seinen eigenen Gesetzen lebt, wird plötzlich als „Freiheit für den Irak“ deklariert. Aus diesem Namen versteht die Öffentlichkeit lediglich, dass die USA Freiheit bringen, aber ob es dort, wohin das amerikanische Militär unterwegs ist, Freiheit gab, ist nicht mehr von Interesse, und welche Bedeutung dieser Freiheit zugeschrieben wird, ist unklar.
Eine der wirksamsten manipulativen Techniken ist die Hypostasierung – ein logischer Fehler, bei dem abstrakte Entitäten „objektiviert“ und ihnen eine unabhängige Existenz zugeschrieben wird. Beispielsweise kann man annehmen, dass „Gerechtigkeit“ oder „Gleichheit“ auf die gleiche Weise existieren wie Menschen, die durch solche Beziehungen gebunden sind, oder dass „Krankheit“ und „Gesundheit“ ebenfalls unabhängige Entitäten sind.
Die Hypostasierung basiert auf der Missachtung des qualitativen Unterschieds zwischen Objekten (Individuen), die zu einer unabhängigen Existenz in Raum und Zeit fähig sind, und ihren Attributen, die nur als Teil der Objekte existieren.
Bei der Manipulation des Bewusstseins wird Hypostasierung eingesetzt, um die Fähigkeit zur Reflexion und Analyse von Entscheidungen und deren Konsequenzen zu untergraben.
Um dies zu erreichen, werden Ersatzbegriffe geschaffen, welche die inhaltlichen Beschreibungen von Entitäten wie „Europäisches Haus“, „Kasernensozialismus“, „Defizit“ usw. ersetzen.
Die Manipulation des Bewusstseins durch Hypostasierung beruht darauf, dass der Manipulator diese abstrakten Entitäten als etwas verwendet, das keiner Erklärung bedarf. Das manipulierte Individuum braucht keine Erklärung, was konkret gemeint ist oder worum es in der Diskussion geht; die Konzepte werden in seinem Bewusstsein verankert, als ob sie tatsächlich existieren würden.
So ist es beispielsweise weit verbreitet, sich fälschlicherweise auf „Verbraucherrechte“ zu berufen. Bewohner eines Gebäudes, in dem beispielsweise der Aufzug nicht funktioniert oder die Müllabfuhr schlecht läuft, zahlen ihre Stromrechnungen nicht mehr, weil sie glauben, dass ihre Rechte als Eigentümer verletzt werden. Da diese Form des Protests jedoch von der Gesetzgebung nicht als legitim angesehen wird, häuft der Eigentümer Schulden für die Instandhaltungsgebühren an und riskiert die Räumung.
In diesem Fall betrachtet der Eigentümer sein Recht als etwas Unabhängiges, doch ohne rechtliche Grundlage, die Zahlung für nicht erbrachte Leistungen zu verweigern, handelt es sich lediglich um die Fantasie des nicht zahlenden Eigentümers.
Um solche Illusionen zu vermeiden, ist es wichtig, die eigenen „schönen Vorstellungen“ über die Organisation der Welt in Zweifel zu ziehen und sich nicht von ihnen, sondern von echtem Wissen über die Gesetze und die Struktur der Gesellschaft leiten zu lassen.
Das Prinzip der Hypostasierung liegt auch den Slogans vieler globaler Protestkampagnen zugrunde, in denen Begriffe wie „Rassismus“, „Krieg“, „Umweltverschmutzung“ und „häusliche Gewalt“ trotz der Bedeutung der mit ihnen verbundenen Probleme als voneinander unabhängige Entitäten dargestellt werden.
Nur wenige Menschen betrachten Krieg, Rassismus, häusliche Gewalt oder Umweltverschmutzung als Güter an sich. Da es jedoch keine spezifischen Definitionen dieser Konzepte gibt – wie etwa Krieg gegen wen? Die Grenzen der Interpretation der Wörter „Rassismus“ und „häusliche Gewalt“; wie und was genau die Umwelt verschmutzt und welche tatsächlichen Methoden es gibt, um den Schaden zu minimieren – verstricken sich die Menschen in den Kampf mit dem Konzept selbst. Dies verbraucht ihre emotionale Energie und Zeit und ermöglicht es den Manipulatoren, ihre eigenen Macht- oder Finanzinteressen zu verfolgen.
In diesem Sinne ist die Geschichte der internationalen Umweltorganisation Greenpeace ein gutes Beispiel. Greenpeace, bekannt für seine radikalen Aktionen, darunter Angriffe mit Schlauchbooten auf Schiffe, von denen man annahm, dass sie der Umwelt irreparablen Schaden zufügten, hatte in den 1990er Jahren sogar seine Gründer enttäuscht, obwohl die Organisation seit 1971 von privaten Spenden finanziert wurde.
„Greenpeace – Informationsterroristen“, so Patrick Moore, einer der ursprünglichen Gründer der Organisation. „Sie übertreiben absichtlich und spielen mit den Ängsten der Menschen. Ihre Kampagnen basieren auf Lügen, sie wollen die Menschen einfach nur zum Narren halten.“
Laut Paul Watson, einem weiteren Greenpeace-Mitbegründer, der wie Moore viele Jahre im Vorstand der Organisation saß, ist Greenpeace schon seit langem von Bürokraten und Geldgebern übernommen worden, die Spenden in Millionenhöhe sammeln, angeblich um ernsthafte Umweltprobleme anzugehen, in Wahrheit jedoch dazu verwendet werden, einen riesigen bürokratischen Apparat aufrechtzuerhalten.
Watson ist überzeugt, dass Greenpeace nur vorgibt, bestimmte Probleme zu lösen. So sammelt es beispielsweise jährlich rund 30 Millionen Dollar, um den Walfang in der Antarktis zu bekämpfen. Doch die Situation ändere sich nicht. Die Vertreter der Organisation seien lediglich damit beschäftigt, Budgets zu verwalten und neue Gelder anzuwerben. Dabei nutze man das natürliche Mitgefühl der Menschen für sterbende Tiere und die Sorge des modernen Menschen für ökologische Probleme aus.
Sowohl Patrick Moore als auch Paul Watson sind der Meinung, Greenpeace sei längst zu einer Lobby-Struktur geworden. Es ist jedoch möglich, dass der kanadische Unternehmer David McTaggart Greenpeace als Instrument der Unternehmenskriegsführung konzipiert hat.
Die meisten Öko-Aktivisten, die an der Gründungsphase der Organisation beteiligt waren, sind jedenfalls längst desillusioniert und haben sie verlassen.
Dennoch setzt Greenpeace seine Arbeit fort und erfindet neue Schreckensszenarien für die Menschheit. Derzeit stehen gentechnisch veränderte Produkte und ihre gesundheitlichen Schäden für heutige und künftige Generationen auf dem Prüfstand.
Im Allgemeinen kann Hypostasierung mit der amüsanten Phrase aus den frühen 2010er Jahren beschrieben werden: „Der Kampf alles Guten gegen alles Schlechte.“
Trotz seiner Raffinesse kann es jedoch selbst ziemlich manipulativ sein, wie weiter unten erläutert wird.
